Vogelpresse

In frühen Zeiten
rauer als diese
machte man sich
die Art der Vögel zunutze
frühmorgens tief
über die Felder
zu streichen
die Flügelspitzen streiften
die Ähren im Flug

So kamen unsere Vorfahren her
& spannten eine Konstruktion
aus komplizierten Schnallen
Ledergürteln & Gummiband
(damit kannten sich nur
die wenigsten aus)
Des Morgens in der Früh
zogen die Dörfler aufs Land
das noch in Tau & Nebel schlief
& verzurrten die geeichte Apparatur
zwischen zwanzig zittrigen Zweigen

Hier war Spezialwissen gefragt:
Es musste unauffällig sein
(selbst die kleinste blaueste Meise
trumpft mit einem IQ von etwas
über fünfzig auf)
& dabei so wirksam
dass beim ersten Zwitschern im Wald
die Gummis von hüben & drüben schackeln
sobald sich die köstlichen kleinen Leiber
gutgelaunt ins Schussfeld wagen

Die ersten zehn Vögel
so will es der Brauch
kommen in die Vogelpresse
(man kennt sie noch aus alten Filmen)
Mit Haut & Haar & Federkleid
füllt man den Erstlingsfang hinein
bindet eine Manschette herum
& presst sie dann so zart wie fest:
die rosigen lauwarmen Tropfen
füllen kaum den halben Mund

2 Gedanken zu “Vogelpresse

  1. Oh. Ich fühle mich wie in Romanen oder Filmen, die so angelegt sind, dass ich mich mit dem Bösen/Mörder identifizieren muss.
    Spannung. Schöne Bilder. Verteufelt gute Sprache. Aber Grausen. Grausen. Ungläubiger Ekel. Und noch einmal lesen.

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