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Jeden Morgen stellt dich der Schneepflug mit seinen Scheinwerfern zur Rede

Deine Lippen aber hat noch niemand geöffnet

Noch weißt du das Ende
der gestrigen Tagesgeschichte
Der Abend hat das Licht deiner schmetterlingsbunten Berge
in seinem Nebel begraben
Und dann hast du im Wirtshaus
wieder die Zeitungen und Mären buchstabiert
bis auf den letzten Satz

Jetzt ist der Schnee frisch aufgebettet
Und wenn Du ihn unter Deinen Schuhen niedertrittst
wird er bis zum Rückweg nicht mehr von dir gezeichnet sein

Drei Mal verändert sich das Land auf deinem Weg
als wäre er drei Tage lang

Deine Lippen hat aber noch niemand geöffnet

Hinter dem Vorhang stehen
soeben erwacht
die Holzfiguren beisammen und tuscheln über dich
als wärest du der einzige
den in der vergangenen Nacht der Schlaf übermannt hat

Wie leicht könnten sie zu Asche werden
wenn sie deinem brennenden Herzen zu nahe kommen

Deine Lippen hat noch niemand geöffnet

mecklenburg (gesang für ein polnisches fischgericht)

vater spricht von häuserbauen
auf der weide die stute galoppiert
über die straßen zieht salzluft
in bernsteinfarbenen fenstern spiegeln rosenblätter
schneefalter einen krieg zwei kriege
bist du fort gezogen und gestorben
dein gummibaum erinnert noch
deine schwestern sind alle tot deine brüder
nur einer hat überlebt

ruhe kehrt ein in die prallen ähren
des vaterlandes verräter ziehen weiter
nach osten süden im norden liegt ein meer

und wellen heben an zu einem gebet
für moränen geschiebemergel findlinge toteis
zittert deine hand zittert dein haar
im wind spielen zwei möwen
alles ist grau
und du spielst mundharmonie

die tage lehnen sich an ein scheunentor
das stroh ist geerntet auf elektrischen schlachtfeldern
eines junkers lippe befiehlt uns zu bleiben
bad doberan
das umland erwacht
an einem kühlen morgen stand jan in der tür
und wollte bleiben
auf ein leben und einen tod
klirrten die gläser