im ko(p)f(fer)

(eine litanei BABYlonisch)

mein kopf ist das sparschwein meiner ausbeuter | eingebeutet ihren akten und den koffern | stets verpackt, dort hockend | ich hab’ tabletten zwischen statt haaren auf den zähnen | blutdruckstrudel zu bezähmen | und schau’ seit ehedem aus mutig blinden augen in die welt, brillant | vertrauend, dass geschau nicht in mich kommt | doch ich sie sende: kugeln | gleich, radar im augenhöhlengleichnis | ich sende, also bin ich, also schaue | meinen strahlen nach, mein ge- | sicht zu zeigen | der kragen auch sonntags spitz, nicht rein | offenes viceversavisier, die fessel der waffe daran | würgend | mich zu dem, was ich | mich bebildernd wirke

Der Unterschied zwischen einem Hammer und einem Nachbarn

Nachts, wenn die Sterne vom Himmel fallen, und du ganz close to me

auf der präzise abgeteilten Welthälfte des Bettes rhythmisch schnarchst

und dabei die Vögel verpasst, die urplötzlich auftauchen mit der Musik,

die wie hingezimmert wimmert, nachts, wenn die andere Menschheit

arbeitet und joggt und Tetris spielt, ich meine nicht die Garps oder Forrest

Gumps oder sonstigen Schlafneurotiker, sondern etwa die Australier, dann

kann ich manchmal keinen Unterschied mehr feststellen zwischen mir

und dem Rest der Welt, zwischen einer Note und einem Stein, dann

liebe ich mich so sehr in Rage, dass an Schlaf nur noch zu dichten ist.

paris

18ter november deine haut
bereitet sich auf den winter vor
letzte woche sprachen dichter über sprache
eichelhäher
tausendgüldenkraut
giersch
gestern wurden freundschaftsspiele im fußball abgesagt
heute beobachtest du eine gruppe kinder beim schulgang
spiegelt sich der schneehimmel in einer pfütze
wir atmen neonlicht
ich beobachte deine schulterblätter
und meine hand legt sich auf deine halb entblößte brust
die stadt der liebe schließt ihre tore

Frösche

Mein Vater repariert das Auto
In einer schrägen Böschung
liegt er unter der Karre
den Schraubenschlüssel
in der Rechten

Howard & ich
gehen spazieren
Ich kann sehen:
sein blondes Blouson bläht
direkt neben meinen Brauen
Vielleicht bin ich
ein kleiner Junge

Er legt die Hand
in die elektrische Kuhle
knapp unter der Taille
die einen dazu bringt
das Becken zu kippen
selbst wenn mans nicht will
um Raum zu machen
für die Organe anderer

Aber hier & jetzt
liegt der Teich
gold & grün
im Sonnenlicht
Badewasser für hundert Frösche
in allen Größen & Farben
Meine Hand ist ein
feinfühliges Instrument
Sie verzeichnet ein Beben
im warmen Nass:

Ein moosiger Riesenfrosch
taucht mit U-Boot-Geblubber herauf
sperrt die zahnigen Kiefer
& ist groß wie ein Kalb
& brüllt mit tiefer Stimme
Richtung Wald

Howard ist gepackt
& geblendet
Seine gefaketen
Sprechversuchen
sollen mir zeigen
dass ihm ausnahmslos
zu trauen ist
er steht & bestaunt
das heitere Glitzern
anders als alles was er kennt

Mein Vater kommt
Aus ihm wirst du
Aus deinen Namen
wird ein Gebet
& Frösche aus Filz
schwimmen am Rand
Jedes eine bessere
Ausgabe seiner selbst
paddelt taucht & tollt herum

Ich mache meine ComicStimme
& weiß es ist blöd
aber ich mache es trotzdem
weil es passt
zum Sonnenlicht
zur heiteren Ursuppe
& zum Ende der Kindheit
wie ich sie kenne
tue ich fröhlich
& quake wild:
Die tun unsß nix
die wolln nur sß-bieln

sturz in große höhe

ich stürzte zu dir im mir dir verfallen,
im traume war’n verwechselt k’ordinaten.
aus großer höhe sandt’ ich dir mein schallen
und war dir angetastet in den daten.

ich schrie und schrieb und schrei in dem verhallen
von höhlen, denen ich mein fallen fälle
und niedrigkeit, wo ich verberge stallen
mein schäfchensein in anverwandter zelle.

aus großer höhe kam ich zu dir, wallend
ins niedrige der eingezählten zahlen.
ich bin dein größt und möglichst dir gefallend,

ein oder nichts, ein nerv und wiederholer.
aus meiner mitten nicht war’n all die wahlen,
die brannten aus das laub der mich verkohler.



(für julija)

Aus den Wäldern

 

Paris ist aus der Stadt hinaus aufs Land gefahren
um die Abschaffung des Lebens zu überdenken

unterdessen wurde der Welt vom Krieg der Mensch erklärt
manche nahmen den Ernst und fällten ihn wie einen Baum

sie stahlen den Himmel über der Krone
und spannten ihn über ihre leere Brust

in den Manteltaschen Blut für die schlechtesten Zeiten
in den Köpfen der Vorteil, kein Mensch sein zu müssen

Markus Söder wollte ebenfalls kommen, rief dann aber an
dass er sich verspäte, weil man ihn auch umgebracht habe

doch es gebe eine bessere Lösung, jubilierte er, er bringe
sie mit. ich saß vor dem Fernseher, schaltete den Ton aus

betrachtete Köpfe ohne den Schrei nach Gerechtigkeit in ihren Mündern
ich lieh ihnen meine Stimme, so konnten sie nur über mich etwas sagen

das, was ich dachte, da ich die Menschheit selbst nicht mehr verstand
so gab ich zu, dass ich nur noch halb war: halb froh und halb lebendig

halb erregt und halb verschlossen. ich erwähnte freimütig
dass ich selbst vom Tod abstammte. dann sagte ich: Paris

du bist mein Ohr, in das ich jetzt flüstere: Schlafe gut
in diesem Nachtzug, der nun zurückfährt in dein Land

in dem fortan alles und jeder hell erleuchtet sein wird, schlafe
auch du gut, Menschheit, Erfindung der Menschheit, ruhe aus

 

die ganze zeit

die ganze zeit dieses jagen
die ganze zeit dieses klagen
die ganze zeit dieses ja-sagen
die ganze zeit dieses nagen

& immer dieselben fragen
obwohl wir die antwort kennen:

anrennen & abtrennen
stück für stück
unwiederbringliches land

unter den füßen
die brandung
frisst & frisst sich voran
bis der baum fällt

der unserem katamaran noch fehlt.

Wallfahrt

Nach der Heiligsprechung
verziert man die grauen Flächen
klebt Glitzersteine & Blumen
& lässt das Horn wohlweislich frei
damit Glitter & Plastikpartikel
in den noch zu reißenden Wunden
nicht zu Eiterbildung führen
Die Masse wogt
& wird von einem geschmückten Nashorn
gegen die Bretterzäune gepresst

Tausende Hände recken sich
jeder will es jeder muss es
einmal in seinem Leben berühren
Flinke Augen rollen ans Ufer
der trägere Körper
schwimmt durch lauwarmen Fluten:
die hornigen Füße malmen
Zehen & Gelenk
& in heißer Verzweiflung
eine Handvoll Haut
gegen rohes Holz

Es treibt das Horn in das

Fleisch unseres Bäckers
der kann echt nix dafür
der einmal nur einmal
die schweren Rundungen tasten
& dann glücklich sterben will
Die Kurve fährt in ihn
Hebt ihn von den Füßen
Lässt ihn zerstört
& zertreten zurück
Wir sammeln ihn ein
& bahren ihn auf

Sein Leichenwagen zusammengekloppt:
klebrige Fichtenstämmchen & Stoff
Wir pflegen ein wenig an ihm herum
wohlwissend dass alles für die Katz ist
tauschen Blicke & Geraune
& sind bass erstaunt
als er die Beine vors Bett schwingt
& Schlager pfeifend die Bühne verlässt
um als erste Tat seine Frau zu enterben
& weiterzuleben
mit durchstochenem Leib
& fremdem Atem

как дела

ich frag, wie geht’s,
wo tische die kulturen trennen
und verbinden, denn so steht’s
uns an, was wir vollenden.

im wasser hochprozentig
sind wir einverstanden,
was in uns ist schon ausgewendig,
ist jenes: das uns anverwanden.

wir gehen rein und gehen raus,
zu essen und zu rauchen.
woher wir wanderten und aus,
ist was, das wir noch brauchten.

und unter herbstes raschelnd laub
sind wir die euch veränderer,
die dünne wie indianerhaut,
die an uns wär’ begängstigter,

julija_herbst

 

denn das erst hier beginnen
unter zelten und terrassen,
wo ich aß mein herbst verrinnen,
war mir das klingen meiner kassen.

 

ich denke aus und denke ein,
bin jüdisch als kartoffel.
und trink’ des abendmahles wein
im bettgewand der träumend stoffe.

ich will zu dir, der fernen
wie der nahen, die mich nachts umarmt.
ich schnarche, raub’ dem gernen,
was mich fädelnder umgarnt.

am morgen koch’ ich uns die eier
zu jener schmackhaft leiche,
dass selbst noch meiner worte feier
wär’ aller zeiten dreier weiche.

und hab’ mich artig angeschickt
im wort auch hier und meiner stimme,
dass alles, was nicht ward gefickt
doch liebte mich, wie ich’s gewinne.


 

(für julija)