während ich davon geschrieben, läuft,
mich bedrängend, im tv die doku
von den fliehenden, die unbehäust
betten finden hier, in meinem showroom.
ich weiß, woher ihr kamet, meine brüder,
aus der verheerung so wie ich aus klein’rer.
denn ich bin noch gewiss trotz aller lüge,
wohn’ hier in schütt’rer sicherheit als keiner.
wir fliehen alle in das bess’re leben.
wer könnte uns denn solchen wunsch verachten?
wir sind uns fremd, doch könnten uns verweben,
die sich in selbe schöne frau verliebten.
wir flohen beid’ und ihrer uns bedachten
als freunde selben menschs, gleichwohl verschieden.
ich bin ein bisschen wiedermal genial:
sollt ich beim ersten stern auch dies’ schabbats
doch ausruh’n, doch ich denk’ an genadij.
ihr ahnt es nicht, den vater meines fratz’:
er handelte mit fitnessideal,
mimt’ stalin für touristens fotoschatz,
verdiente so sein geld an aller zahl
und bat mich doch um eines: „sorg’ für sie!“
der alte und der jörg’re mann, doch grau,
sie saßen, rauchend, stammelten die sprachen
und wussten dennoch ganz genau von frau,
von meiner, seiner und der mauern schau –
woher die zungen, wo die augen stachen,
war mir ein ja, ein jederzeit’ger GAU.
des donnerns längst verschwiegen | geh’ ich aus, um milderer zu siegen | über pop.kultur und industrie | was könnt’ ich sagen meinen nicht vorhand’nen blagen | von tänzen auf vulkanen, die | ich selber gern entzündete?
allein, mein schweigen will ich in | mein wort kassibern | es sollen tagesstriche an der wand sein | meines selbstgefängnis’ : seit tausend tagen bin ich nacht | und dünn’ mich aus darin gleichwohl.
von mir ist nur mein nichterwarten | mein ei gefüllt, doch nicht erbrütet | von mir nur solch’ wie diese verse | ein s.o.s so schüchtern.
so send’ ich in das netz.
auf mich geht jeder reim dabei | ich bin derselbe, doch | so sehr auch unterschieden | und bleiche mich im sonn’gen schein | auf eben solcher wiese.
denn auch des schweigend’ schrei’n ist ein gedicht | zur nacht vom donners- zu dem freien tage | wo schabbat mich ausgeziert in ruhe | angebetet nur | und schuhe wären festtags rein.
nicht aus den häuten hingeopf’ter tiere | nur meiner, die ich spanne | auf der rampe | als verletzlichkeit, als das, was bin | ich euch in diesen dürren tagen | ein anverzicht, ein ausgegang | und dennoch darin letzter schwang.
ich wär’ der woch’ so gern in ihren mitten,
ein einverstand der solchen pflicht’gen zeiten.
aus meiner dichtung sollten werden hütten,
die euch erträumt‘ paläste würden zeigen.
doch mir und euch, die ihr hierher geflüchtet,
ist heimatlos die niet’ der lotterie.
wess’ hoffen wir, die sich also verzüchtet
auf sinn und angebet vom not for me?
so auf das eine los, gewinnt‘s asyl,
verspricht uns bleiben außerhalb der verse,
der wärmend worte, wo sie waren kühl,
und mitte unter uns’rem rand herfür?
solch’ mitt’ der sehnsuchtswoche macht die erste
verkündigung uns beiden zum gefühl.
… sind aus denen des „i don’t like mondays“ gewonnen | vorausschauend auf die mittwöchnerinnen der | tage des donners | bevor wir frei werden im gebet des | freien tages, schabbat schalom.
denn des dienstags straßen | durch die ich nachts geistere | sind leere kurz vor der mitternacht | am mittwoch ist markt auf den plätzen | voran, die fische frisch liegend auf kälterem eis.
und ich leiste den dienst an meinem | innstetteneinsamen | mache mich auf | den ingrimm zu stolz noch zu mimen,
meine maske : digital.
… sinken aus denen der mönchischen nächte | wo ich, selbige teilend in stunden | minuten nach sekunden | verharre, um zu scharren | mit den füßen im sand und getriebe | öl nicht in mein feuer gießend, doch quarz | ihn zu zerreiben.
denn des dienstes nächte | krankenschwestern, übermüdete feuerwehren | caste ich zu henneckes der nachtarbeit | singe das loblied selbst schlecht bezahlter arbeit | wissend um deren kreuze.
die sie an falscher stelle machen | nachwievorhut ihrer wie meiner selbstausbeutung | produzentinnen des eigenen unglücks | strebend nach glück,
das einst fällt ihnen | ein – und also vor die füße.
es wird nicht mehr hell | ich möchte ein licht anzünden im not for me der himmel | heute, mit schlämmkreide die wände der hölle weißen | nachahmend den cumshot der mutterbrust einst | in meinem rosigen, schielenden gesicht.
oder mit kohlestiften den teufel malen an die wand | skizze eines verlorenen einsamkiters | die feder zum schreiben aus seinen flügeln brechen | denen eines engels.
denn in meiner stadt … | ragen, das dämmern zu fassen, kräne | gerippend in das grau | auch dieses am besten | – oder gerade nicht – | zu vergessenden zweiten tages nach dem schabbat.
gespenster, sagt man, seien manifestationen des | unbewussten | denn von ihnen geweckt, schläft die | vernunft | am tage träumend durch die | nacht.
werd‘ ich mein schweigen darob verlängern | bis es nur noch zwei verse währt?
oder auf nur ein | …wort… | ?
aus: Jörg Meyer: „Heine-Lieder“ für gemischten Chor, op. 20, August 1985
es wird nie mehr dunkel | an solchen montagen, an denen ich | eine dunkelheit lösche | aufs papier | meinen getreuen, weißen, unschuldig, jungmännlichen | gast, der schaut aus den monadenfenstern | meines augenhöhlengleichnisses in mich.
oder mit den kohlen von bogenlampen | tausendere grade celsius heißer als meine | netzdünnhäutigkeit | die nacht erzwingen und den schlaf | der heilig ist den gerechten.
denn in meiner stadt … | singen die schiffe ihre choräle | von abschied und willkommen | tuten die toten matrosen | während ich an ihrer kerze eine zigarette | für sie zündschnüre.
die toten aber, sagt man | ruhen nicht, sie seien vielmehr | tot | offenes grab | kalkgrube | kühltruhe | abtauende wie die gletscher des gedichts.
montags also brech‘ ich mein schweige- | gelübde | schreie auf und an gegen | das und im gedicht.
mein kopf ist das sparschwein meiner ausbeuter | eingebeutet ihren akten und den koffern | stets verpackt, dort hockend | ich hab’ tabletten zwischen statt haaren auf den zähnen | blutdruckstrudel zu bezähmen | und schau’ seit ehedem aus mutig blinden augen in die welt, brillant | vertrauend, dass geschau nicht in mich kommt | doch ich sie sende: kugeln | gleich, radar im augenhöhlengleichnis | ich sende, also bin ich, also schaue | meinen strahlen nach, mein ge- | sicht zu zeigen | der kragen auch sonntags spitz, nicht rein | offenes viceversavisier, die fessel der waffe daran | würgend | mich zu dem, was ich | mich bebildernd wirke
ich stürzte zu dir im mir dir verfallen,
im traume war’n verwechselt k’ordinaten.
aus großer höhe sandt’ ich dir mein schallen
und war dir angetastet in den daten.
woher auch immer ihr gekommen seid,
von meiner schreibtischtäterschaft begrüß’
ich euch. denn hier auch ist ein mittenleid,
ein wohl gebettetes, das sagt sich tschüß
all der zufriedenheit, die wohl kartoffeln
noch wachsen lässt in deutschem blut und boden.
bevor ich demlei bin und eingewoben,
schlüpf’ ich in meine warmen filzpantoffeln.
denn ich bin auch nicht besser als die hasser,
weil ich ja auch nichts tu’, nur tränen weine
in meine dichtung, die nicht hält die wasser,
in denen ihr ertrinkt. doch geb’ ich meine
bereite kunst euch preis, dass ihr euch kauft
davon vielleicht von meiner tür den knauf.